Wie trainiere ich Selbstsicherheit?

 

Ich bin wirklich froh, dass du dich das fragst, aber bevor wir uns den Techniken widmen, möchte ich erst folgenden Fragen auf den Grund gehen:

 

  1. Was ist Selbstsicherheit?

  2. Woher kommt Selbstsicherheit?

 

Techniken findest du online mehr als genug, auch ich habe etliche Blogs gelesen und YouTube Videos zu dem Thema geschaut. Die meisten sind wirklich effektiv und absolut empfehlenswert doch gehen nur die wenigsten auf das tiefere Verständnis ein. Es werden sozusagen die Symptome behandelt aber nicht die tatsächlichen Ursachen.

Versteht man erst einmal wie Selbstsicherheit funktioniert, kann man sie in allen Bereichen des Lebens eigenständig weiterentwickeln.

 

 

 

Was ist Selbstsicherheit?

 

„Selbstsicherheit ist das Wissen oder Vertrauen, dass man etwas erreichen/bewerkstelligen kann oder wird.“

 

Ok. Und jetzt nochmal Klartext?

 

Nehmen wir ein ganz banales Beispiel:

 

Du steigst morgens aus dem Bett und weißt, dass du dir die Zähne putzen wirst, weil du es kannst.

 

Ja natürlich weiß ich, dass ich meine Zähne putzen kann! Ich mache es mein ganzes verdammtes Leben lang!

 

Ganz genau!

 

Du weißt, dass du es kannst, weil du es oft genug getan hast und dir überhaupt keine Gedanken mehr darum machen musst, ob du es diesmal schaffst.

 

Dieses Wissen lässt sich auf alles im Leben anwenden.

 

 

 

Woher kommt Selbstsicherheit?

 

Wenn du dir die letzten paar Sätze aufmerksam und bewusst durchgelesen hast, dann kannst du dir die Antwort wahrscheinlich schon selber denken, aber dennoch möchte ich hier näher darauf eingehen.

 

Selbstsicherheit hängt also direkt mit unseren Erfahrungen zusammen.

Machen wir eine positive Erfahrung, stärkt es unsere Selbstsicherheit und wir gehen beim nächsten mal entspannter an eine gewisse Sache heran. Daraus resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere positive Erfahrung und wir fühlen uns wieder bestärkt. So summieren sich alle unsere positiven Erfahrungen und unsere Selbstsicherheit wächst.

 

Und jetzt nochmal im Umkehrverfahren.

Machen wir eine negative Erfahrung, schwächt es unsere Selbstsicherheit und wir gehen beim nächsten mal angespannter an eine gewissen Sache heran. Daraus resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere negative Erfahrung und wir fühlen uns wieder geschwächt. So summieren sich auch alle unsere negativen Erfahrungen und unsere Selbstsicherheit schrumpft.

 

Das bedeutet aber nicht, dass es auch so bleiben muss. Weder für die erste oder zweite Variante.

Ein „selbstsicherer“ Mensch kann auch Misserfolge erleben, doch er lässt sich durch diese nicht entmutigen. Was hätte er davon, wenn es sich nur noch auf diesen einen Misserfolg fokussieren und alle seine Erfolge komplett ignorieren würde?

Das wäre Selbstsabotage.

 

Daraus schließen wir also, dass ein „unsicherer“ Mensch, der ein Erfolgserlebnis hat, sich genau auf dieses fokussieren muss. Er soll sich seiner Misserfolge ruhig bewusst sein und diese annehmen aber er sollte ihnen weitaus weniger Wert und Bedeutung zurechnen. Andernfalls erdrücken sie ihn.

 

Hat man es einmal geschafft, muss man sich keine Gedanken mehr darum machen ob man es kann oder nicht kann. Danach geht es nur noch darum die Wahrscheinlichkeit, dass man es ein weiteres mal schafft, zu steigern!

 

Denn kein Mensch ist grundsätzlich selbstsicher oder unsicher.

 

Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Und viele Menschen, die in einer Sache unsicher sind, tendieren dazu ihre Unsicherheit auf ihre gesamte Persönlichkeit auszuweiten und sich einzureden, dass sie nun einmal so sind.

 

 

 

Als Beispiel nehme ich gerne mich, als ich noch zur Schule ging:

 

Ich war absolut miserabel in Mathematik aber dafür ein Überflieger in Fremdsprachen.

Dass ich scheiße in Mathe war, war allen klar, den Mitschülern und den Lehrern.

Und man hat es sich auch nicht nehmen lassen mich immer und immer wieder darauf aufmerksam zu machen. Meine Begabung für Fremdsprachen hat niemanden interessiert, denn gute Noten waren ja selbstverständlich.

Wenn ich zurückdenke, weiß ich auch womit das angefangen hat.

Ich war nicht immer schlecht in Mathe, nein, ganz im Gegenteil. Ich habe sogar anderen Schülern geholfen, wenn sie Schwierigkeiten damit hatten.

Als ich in der fünften Klasse war, habe ich zum ersten mal eine drei geschrieben. Meine allererste drei überhaupt. Ich habe mir keinen Kopf gemacht deswegen, ich dachte „naja, dann ist es diesmal etwas schlechter gelaufen als sonst. Es ist nur eine drei. Deswegen werde ich schon nicht sitzen bleiben.“

Ja...meine Mutter war da ganz anderer Meinung. Als ich ihr die „verkackte“ Arbeit zum Unterschreiben vorgelegt habe, ist für sie die Apokalypse losgebrochen. Sie war völlig entsetzt und hat mir ganz deutlich gemacht, wie enttäuscht sie von mir ist (wohlgemerkt, wir reden hier von einer drei). Ich wusste überhaupt nicht wie mir geschah und fühlte mich ungerecht behandelt.

Auch Tage später war das Thema immer noch nicht vom Tisch und es wurde darüber gespottet.

Und da nahmen die Dinge ihren Lauf. Die Mathematik Noten wurden immer schlechter und schlechter bis mein Durchschnitt in der siebten Klasse bei einer fünf war. Und das war auch meine Abschlussnote. Ich habe mich irgendwann damit abgefunden, dass ich es einfach nicht kann und habe auch unzählige Ausreden gehabt, warum ich es nicht kann. Tatsache war aber schlicht und einfach, dass ich mich nie darum gekümmert habe, es wirklich zu lernen. Ich habe es gehasst und gemieden wo es nur ging.

Ich möchte hier jetzt nicht die Schuld auf andere Schieben. Es lag letzten Endes in meinen Händen ob ich etwas ändern will oder nicht. Und ich habe mich davor gedrückt.

 

Es ist mir aber auch wichtig an dieser Stelle deutlich zu machen, dass die Schulbildung und Erziehung diese Entwicklung begünstigt haben. In diesem Alter ist man so leicht zu beeinflussen, weil man es einfach nicht besser weiß und darauf vertraut, dass die Lehrer und Eltern erfahren sind und nur das Beste im Sinn haben. Traurigerweise sind aber in ihrer Erziehung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die selben unnötigen Fehler gemacht worden, die sie völlig unbewusst weitergeben.

Bei einem Diktat werden zehn falsche Wörter rot angestrichen aber die restlichen hundert richtigen hakt niemand mit einem grünen Stift ab. Und so lernen wir von Kindesbeinen an, nur unsere Fehler und Misserfolge zu sehen und alles, worin wir gut sind als selbstverständlich zu werten.

 

Ja, du kannst immer von vorne beginnen und alles lernen, aber halte deine Fähigkeiten und Kompetenzen niemals für selbstverständlich. Denn alles kann auch wieder verlernt werden.

 

So, das war jetzt deprimierend genug. Jetzt machen wir uns an die Praxis!

 

 

 

Wie kann ich Selbstsicherheit trainieren?

 

 

 

Selbstsicherheit entsteht nicht nur im Kopf sondern im gesamten Körper.

 

Du kannst, oder besser gesagt, musst an deiner Körperhaltung arbeiten und aktiv werden!

Steh auf, zieh die Schultern zurück, heben deine Brust und deinen Blick und marschiere mit bewussten und gezielten Schritten durch deine Wohnung.

Ja, das ist mein voller Ernst. Ich weiß, es ist im ersten Moment seltsam und unangenehm und man hofft, dass keine Nachbarn gerade ins Fenster hineinsehen können. Aber je länger du das machst, umso besser fühlt es sich an und es fängt an einem Spaß zu machen. Du kannst noch einen Schritt weitergehen und dir vorstellen, dass du einen langen Umhang trägst, der dramatisch hinter dir herflattert während du lässig von einer Explosion wegläufst. Alles, was sich gut anfühlt und deine Selbstsicherheit pusht, ist richtig. Diese Methode habe ich von Tony Robbins gelernt und selber mehrfach ausprobiert. Es ist herrlich albern und absolut effektiv.

Das ist jedoch nur vorübergehend. Eine langfristige Methode ist Sport. Ja. Leider.

Es muss kein wettbewerbsfähiger Leistungssport sein. Such dir etwas aus, das dir Spaß macht und dich in Bewegung hält. Ich selber mache z.B. fünfmal die Woche Hatha Yoga vor dem Fernseher.

Du musst das natürlich nicht jeden Tag machen (auch wenn es dir gewiss nicht schaden würde) aber wenigstens zweimal die Woche, 20 – 30 Minuten. Es tut nicht nur deiner Selbstsicherheit gut sondern wirkt sich auf deine gesamte Gesundheit und Denkweise aus.

 

 

 

Wenn du es dir vorstellen kannst, dann kannst du es auch umsetzen.

 

Gut. Ohne Hilfsmittel fliegen werden wir Menschen in naher Zukunft wahrscheinlich nicht, aber du weißt worauf ich hinaus will.

Angenommen du hast ein Vorstellungsgespräch und richtig Angst, dass du es versaust.

Nehme dir ein paar Tage vorher jeden Tag wenigstens zehn Minuten Zeit und setze dich irgendwo hin, wo du deine Ruhe hast und völlig ungestört bist. Schließe deine Augen, atme tief und gleichmäßig und stelle dir vor, wie du zu diesem Gespräch gehst. Du bist völlig entspannt und hundertprozentig sicher, dass du umwerfend sein wirst. Du bist charmant, witzig und kompetent während dem gesamten Gespräch und die können von Glück reden, wenn du dich für ihre Firma entscheidest. Du bist der Hauptgewinn. Gehe dieses Szenario immer wieder in Gedanken durch.

Bereite dich auf deinen Erfolg vor. Hoffe nicht darauf. Erwarte ihn! Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, warum du es nicht so umsetzen könntest wie du es dir vorgestellt hast. Schließlich machst du es mit allen Dingen so, die du in deinem Leben bewerkstelligst.

Solche Visualisierungen sind sehr kraftvoll und leider völlig unterschätzt.

 

 

 

Verlasse nicht deine Komfortzone, vergrößere sie.

 

Es tut dir gut, wenn du dich an Dinge heranwagst, die dir Angst machen. Ohne Angst gibt es keinen Mut. Und ohne Mut keinen Fortschritt. Fange mit kleinen Dingen an, die du als unangenehm empfindest und so gut es geht meidest. Irgendwann fühlt es sich ganz natürlich und einfach an und du merkst, dass du deine Komfortzone nicht mehr verlassen musst, weil sie gewachsen ist. Dieses Wachstum ist unendlich und du kannst dich dein Leben lang weiterentwickeln, egal wann du damit anfängst.

 

Hier gerne nochmal ein Beispiel aus meiner Ausbildung:

 

Ich habe, wie manche von euch vielleicht schon wissen, im Einzelhandel gelernt. Jeder Lehrling muss in dieser Ausbildung auch eine gewisse Zeit an der Kasse verbringen. In meinem Ausbildungsbetrieb war die Kasse, aus welchen Gründen auch immer, äußerst gefürchtet. Man kannte nicht wirklich die Ursache aber hat sich der allgemeinen Abneigung angeschlossen. Nach meinem ersten Lehrjahr war es auch für mich an der Zeit das Kassieren zu lernen. Ich hatte absolute Panik davor und hatte schon Wochen vorher Alpträume deswegen (Ja. Wirklich.). Kurz nach meiner Einarbeitung wurde die Abteilungsleiterin krank und war mehrere Wochen arbeitsunfähig. Die anderen Kollegen waren Aushilfen und eine Teilzeitkraft, die nicht immer da waren. So war ich in den Sommermonaten häufig auf mich alleine gestellt und hatte nur über die Mittagszeit Unterstützung. Bei speziellen Sachen musste ich eine andere Filiale anrufen und mir so Hilfe holen.

Ich habe viele Notizen gemacht und auch einen Leitfaden für Tax Free erstellt, damit wir nicht immer erst in der Zentrale anrufen mussten (Tax Free kam wirklich selten vor). Ich habe in diesen Wochen allerdings sehr viel mehr gelernt als nur das Kassieren. Ich lernte selbstständig zu handeln und Lösungen zu finden. Am Ende wollte ich nicht von der Kasse weg, weil sie zu meiner neuen Komfortzone geworden war.

 

Es gibt natürlich noch sehr viel mehr Methoden und Techniken, wie ihr eure Selbstsicherheit trainieren könnt. Diese findet ihr ganz leicht im Internet, doch finde ich die meisten zu spezifisch und nicht wirklich universell einsetzbar.

 

Diese drei sind eine solide Basis, von der aus ihr ganz speziell auf eure persönlichen Ziele hinarbeiten könnt.

 

Selbstsicherheit ist nicht angeboren. Sie muss gelernt werden!